Sie sind hier

Schloss Trautmannsdorf

(Zusammenfassung einer Studie von Sibylle Grün, Markus Jeitler, Thomas Kühtreiber und Gerhard Reichhalter: Vorläufiger Beitrag zur Bau- und Ausstattungsgeschichte von Schloss Trautmannsdorf/NÖ, April 2005, Forschungsauftrag des Bundesdenkmalamtes)

Die Studie versteht sich als Zwischenbericht und ist das Ergebnis der Forschungen von zwei Archäologen, einer Kunsthistorikerin und eines Historikers, wobei sie Erkenntnisse von Restauratoren miteinbezogen wurden. Damit ist der neueste Wissensstand erreicht, allerdings nur, was die Zeit bis ins frühe 16. Jahrhundert anlangt. Aber auch für die späteren Jahrhunderte wurden wichtige Berichte über das Schloss aufgefunden und ergänzen die Arbeit wesentlich gegenüber allem, was bisher bekannt war.
Ein wichtiges Ergebnis gleich vorweg: Die Archäologen konnten die Autorität eines Autors erschüttern, dem bisher kritiklos geglaubt wurde. Dieser Autor, Franz Schweickhardt Ritter von Sickingen, genoss die Bonität des Zeitzeugen, sein Werk "Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Enns, 6. Band: Viertel unterm Wienerwald", erschien 1833. Es handelt sich um die Behauptung, dass das alte Schloss im Jahr 1811 zur Gänze abgerissen und an seiner Stelle der heute erhaltene Bau neu errichtet worden sei. Das ist - wie der archäologische Befund zeigt - schlicht und einfach unrichtig.

Bedauerlich ist, dass die Studie nicht weitergeführt werden wird (Stichwort: Geldmangel) und dass sie unpubliziert ist. Den geschichtlichen Rahmen findet man in dem immer noch aktuellen, weil vor allem hinsichtlich der Auswertung der Archivalien ausgezeichneten Werk von Helmuth Feigl, Geschichte des Marktes und der Herrschaft Trautmannsdorf an der Leitha, 1974.

I. Abschnitt: Zeit der Stuchsen (Mitte 12. Jh. - 1430)
Die Stuchsen waren außer in unserer Gegend auch in Ebergassing und Wienerherberg begütert und nennen sich einmal nach dieser, einmal nach jener Herrschaft, seit 1198 aber ausdrücklich "Stuchs von Trautmannsdorf". Sie haben sich rechtzeitig von Ottokar von Böhmen ab- und den Habsburgern zugewandt und wurden bedeutende Ministerialen im Herzogtum Österreich (Ministeriale = Dienstherr und entspricht ca. einer führenden Position in einer Fa.). Sie wirkten z. B. in beratender Funktion an Entscheidungen des Herzogs mit und waren zur Gefolgschaft im Krieg verpflichtet. So ist Albrecht Stuchs von Trautmannsdorf häufig am Hof des Herzogs Rudolf IV. (1358-1364) nachweisbar, der als Gründer der Wiener Universität und als Bauherr des Stephansdomes einer der wichtigsten Herrscher Österreichs im Mittelalter ist.
Mit dem Tod von Georg Stuchs (1426) und seiner Frau Margarethe (1430) starb das Geschlecht der Stuchsen nach einer 300jährigen Geschichte aus. Trautmannsdorf fiel als Lehen an die Habsburger zurück.

Was haben diese längst Verblichenen mit unserem heutigen Schloss zu tun?
Der nun vorliegende bauarchäologische Befund ergibt – aufgrund von Grabungen und obertägige Untersuchungen –, dass das heutige Schloss, trotz seiner äusserlichen Symmetrie kein Reissbrett-Neubau ist, sondern sich vielfach den baulichen Gegebenheiten aus dem Mittelalter unterwarf bzw. diese berücksichtigte und miteinbezog.

Der älteste noch vorhandene datierbare Bestand geht auf die Zeit vor 1200 zurück. Mitte 13. Jahrhundert erfolgte ein massiver Ausbau bzw. Neubau im S-Trakt, teilw. im W-Trakt, ev. auch im O-Trakt.
Die Burg des Mittelalters ist für gewöhnlich von einer Mauer (Bering) und einem Wassergraben umgeben. Teile dieser alten Festungsmauer sind im heutigen Baukörper des Schlosses nachweisbar. Und zwar handelt es sich um den südlichen Abschnitt des Beringes, der den gesamten S-Trakt des Schlosses (durchbrochen von der Einfahrt) durchläuft. Dann findet sich diese Mauer im W-Trakt (durchbrochen von den Stiegenhäusern) und biegt sich dort nach Norden, wo sie nach 14 m endet. Auf der anderen Seite des Südtraktes läuft die Festungsmauer schräg nach Osten, wo sie mehrere Räume durchschneidet. Da hier nicht ausreichend gegraben wurde, kann über den weiteren Verlauf nichts ausgesagt werden. Mit einer Seitenlänge von 82 m (im Süden) war Trautmannsdorf die größte Wasserburg der Region! Zum Vergleich: Die Ebenfurther Burg erreicht das "klassische" Ausmaß von 44 x 46 m; Pottendorf und Ebreichsdorf waren kleiner.

Interessant ist ein 5 m langer Gang mit kleinen schachtartigen Öffnungen. Es handelt sich möglicherweise um Abtrittanlagen und des entsprechenden Entsorgungsgang. Dafür spricht, dass der Bodes des Ganges V-förmig ist. Im weiteren Verlauf wird daraus eine rechteckige 31 cm breite Rinne, die eine 2 m starke Mauer durchbricht und in einem mit Steinplatten bedeckten Kanal seine wahrscheinliche Verlängerung findet.
Die ziemliche durchgehende Stärke der Festungsmauer von 3 m (im Bereich der Einfahrt im S-Trakt bis zu 3,86 m) legt eine einheitliche Planung nahe, die um Mitte des 13. Jahrunderts anzusetzen ist. Als Datierungshilfen dienen noch erhaltene Fenster und Scharten sowie die Beschaffenheit des Mauerwerkes.

In diese Zeit (1256) fällt auch die Erstnennung der Burg in einer Urkunde, und zwar anlässlich eines Gütertausches mit Stift Heiligenkreuz.
Wiederholte Nennungen sowohl der Burg als auch ihrer Herren in der Folgezeit bezeugen die Bedeutung der Stuchsen, vor allem ihre nachhaltig erfreuliche
wirtschaftliche Situation. Nochmals zurück zur Burg, die dafür ein Beweis ist.
Im 14. Jahrhundert erfolgte ein großzügiger Ausbau, vor allem zu Wohnzwecken. Ihre Reste sind ebenfalls im heutigen Bestand nachweisbar.
Wie schon gesagt: Die "klassische" Burg des Mittelalters ist von einem Wassergraben und einer Mauer (Bering) umgeben. Beide üben eine Schutzfunktion aus. Ein oder mehrere Ecktürme verstärken den wehrhaften Charakter. Trautmannsdorf, im kritischen Grenzbereich zu Ungarn gelegen, hatte dies alles besonders nötig. Und dennoch weicht die Burg mehrfach von diesem "klassischen" Modell ab:

a) Der "hohe Turm", der ins 13. Jahrhundert datiert wird, liegt zentral und nicht an einer Außenkante. Der bekannte Vischer-Stich (1672) zeigt ihn noch. Er wurde um 1780 abgebrochen. Der Turm ist ein weiterer Beweis für das monumentale Baukonzept: Die Mauerstärkebeträgt fast 3,5 m (11 Fuß heißt es in der Beschreibung von 1756). Daraus ergibt sich eine Seitenlänge von 10-12 m. Ein (älterer?) Eckturm wird angenommen, konnte aber noch nicht nachgewiesen werden. Eine ähnliche Anlage mit zentralem Turm weist Stixenstein bei Neunkirchen auf, 1343 ebenfalls von den Stuchsen erbaut.

b) Absolut ungewöhnlich sind im Mittelalter den Bering überschreitende Baukörper, weil dadurch dessen Schutzfunktion in Frage gestellt wurde. In Trautmannsdorf aber relativieren dies die Mauerstärken. Am S-Trakt ist ein solcher Baukörper gesichert (leicht trapezförmig, 17 x 8,5 m), an den Seitentrakten für das 14. Jahrhundert anzunehmen. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind es die vorspringenden Gebäudeteile, die auf dem Plan von Johann Jakob Marinoni aus dem Jahr 1751 zu erkennen sind.
Fazit: Die heutige Schlossanlage kann etwas überspitzt als Ummantelung des mittelalterlichen Bestandes bezeichnet werden. Unter der vereinheitlichenden Oberfläche sind bedeutende Strukturen enthalten, die verschiedene Bauphasen dieses mittelalterlichen Baues erkennen lassen.

II. Abschnitt: In verschiedenem Besitz (1430-1574):
Aus der Zeit unmittelbar nach dem Aussterben der Stuchsen ist wenig bekannt; die Habsburger gaben Burg und Herrschaft an verschiedene Lehensleute aus.
1489 schenkte Kaiser Friedrich III. die Burg im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Ungarnkönig Matthias Corvinus dem St. Georgs-Ritterorden, den der Kaiser gegründet hatte.

Anlässlich des für die habsburgische Heiratspolitik so folgenschweren Zusammentreffens Kaiser Maximilians I. mit den Königen Siegmund von Polen und Wladislaw II. Jagello von Böhmen und Ungarn, das zur Herrschaft der Habsburger in Böhmen und Ungarn führte, diente die Burg am 15. Juli 1515 als Nachtquartier für den Kaiser. Die nächste Nacht verbachte hier Wladislaw II.
Umso mehr erstaunt es, dass der Hochmeister des St- Georgs-Ritterordens nur sechs Jahr später die Burg in einer Petition an Kaiser Karl V. als baufällig und die Reparaturkosten als sehr hoch bezeichnete. Dies bezieht sich freilich auf die neuerdings gespannte militärische Situation durch die Türkenbedrohung und setzt voraus, dass nach Vorstellung des Hochmeisters die Burg im Kriegsfall mit 600 Mann zu besetzen sein sollte.

1532 kaufte König Ferdinand I., der Bruder Kaiser Karls V., die Burg und Herrschaft zurück. Allerdings musste er sie wiederholt verpfänden. Immer wieder wird in den 40er- und 50er-Jahren über den schlechten Bauzustand geklagt. Wir erfahren zugleich aus den Bestandsaufnahmen, dass die Anlage mit Dämmen, Terrassen, einem Turm und einem Fluchtgraben (folglich noch nicht mit Basteien) ausgestattet war. Den Pächtern, zwei Brucker Bürgern namens Stefan Plüeml und Stefan Pottenstetter wird nahegelegt, in die Teiche wieder Fische auszusetzen und die Mühle zu reaktivieren.

1556 wurde bei der Neuorganisation der Landesverteidigung Trautmannsdorf zur Fluchtburg für die Bewohner von Trautmannsdorf, Stixneusiedl, Sarasdorf und Sommerein bestimmt. Schon im 16. Jahrhundert waltete eine uns nur zu bekannte Bürokratie: 1564 wurde von der NÖ. Landesregierung eine Kommission eingesetzt, die sich mit Durchführung und Finanzierung der kaiserlichen Vorstellungen hinsichtlich der Befestigungen befassen sollte. Kaiser Ferdinand I. und noch im selben Jahr 1564 sein Sohn und Nachfolger Maximilian II. entsandten für die Leitung der Renovierungsarbeiten Leute ihres Vertrauens: Hermes Schallautzer war Bürgermeister von Wien gewesen und wirkte nun als Superintendent für die landesfürstlichen Gebäude in Wien, der kaiserliche Baumeister und Steinmetz Benedikt Kölbl war u.a. für die Kirche Maria am Gestade und für die Hofburgkapelle tätig und Inspektor für die öffentlichen Gebäude in Prag, Pressburg, Raab und anderen Städten. Nun kam es zur Anlage der Bastionen, wie wir sie noch auf dem Stich von Georg Matthäus Vischer (1672) sehen können und die auch der archäologische Befund bestätigt.

An diese Ausbauphase erinnert der sog. Schlossberg (östl des Schlosses): Er ist der Rest der Bastionen, die unter Kaiser Maximilian II. (also nach 1564) errichtet wurden. Diese bestanden aus drei Rundbastionen (die moderneren, zum Garten hin) und drei Spitzbastionen in Richtung Markt und Kirche. Die Ruine im Osten des Schlossberges ist der Rest eines Torbaues (identisch mit dem bei Vischer rechts hinten?).

Im Archiv in Pilsen befindet sich ein Inventar der Burg aus dem Jahr 1564, das zum ersten Mal und recht anschaulich über den Inhalt der einzelnen Räume Aufschluss gibt, wobei das Schwergewicht auf dem Kriegsgerät liegt. Geschütze, Büchsen, Hellebarden, Säbel, Spieße, Harnische etc., aber auch Jagdgerät werden minutiös angeführt. Wir erfahren aber auch von der Ausstattung der Küche samt Fleischgewölbe und Fleischbank, Speisekammer und Krautkammer sowie einer Backstube. Ferner gibt es ein Presshaus, zwei Weinkeller und den Heuboden.
Der Wohnbereich befand sich - wie der neueste archäologische Befund ergab - in der SW-Ecke des Beringes. Die Gewölbeform deutet auf die Zeit um 1540.
Aus dem genannten Inventar von 1564 kann geschlossen werden, dass es sich um einen zweigeschossigen Bau mit zwei Toren handelte. Die Aufzählung der Einrichtungsgegenstände macht einen recht ärmlichen Eindruck. Von der Schlosskapelle St. Bartholomäus werden nur die Paramente und liturgische Geräte angeführt und keine Bilder oder Statuen, abgesehen von zwei kleinen silbernen Marienbildern. Nachzutragen ist, dass sich am Ende des 14. Jahrhunderts drei Altäre in der Schlosskapelle befanden; einer war 1322 zu Ehren der Heiligen Georg und Blasius gestiftet, ein weiterer 1389 dem hl. Antonius geweiht worden.

III. Abschnitt: Die Herrschaft unter den Windisch-Grätz (1576-1756)
1576 kauft Pankraz von Windisch-Grätz Trautmannsdorf von den Habsburgern. Rechnungen verschiedener Handwerker und das Ansuchen des neuen Eigentümers, dass ihm der Kaiser Bauholz von 200 Eichen aus den Wäldern auf dem Leithagebirge ohne Bezahlung überlassen möge, belegen eine rege Bautätigkeit.
Beim Tod des Pankraz 1591 erfahren wir zum ersten Mal von der Gruft unter Burgkapelle. Sie war bis 1681 in Verwendung. Der höchst qualitätvolle Grabstein des Pankraz und seiner dritten Frau befindet sich bekanntlich (seit 1811) in der Pfarrkirche. Darauf ist im Hintergrund die älteste Ansicht von Markt und Burg Trautmannsdorf zu sehen.

Aussagekräftig hinsichtlich der Bedeutung des Schlosses (und der Wohlhabenheit ihrer Eigentümer) belegen die Inventare aus den Jahren 1696, 1726, 1731 und 1747 den Ausbau und den zunehmenden Wohnkomfort. Sie werden durch eine Beschreibung aus dem Jahr 1756 ergänzt.

1696 ist die Nennung eines "neuen Gebäudes" baugeschichtlich interessant. Es besteht aus dem Erd- und einem Obergeschoss. Insgesamt werden 21 Zimmer (gegenüber 13 im Jahr 1564, die teilweise eher als Kammern zu bezeichnen sind) aufgelistet. In 100 Jahren hat sich enorm viel verändert. Da gibt es Landkarten und Gemälde an den Wänden (mit deutlicher Vorliebe für Landschaften), den Stammbaum der Familie als Kupferstich, alles in schwarz gebeizten Rahmen, Tisch- und Fußteppiche, bevorzugt türkischer Herkunft, Tapisserien, Silberzeug, Spiegel, Vorhänge, Uhren. Zum ersten Mal wird ein "gemaltes", also mit Fresken ausgestattetes, Kabinett erwähnt. Um vom Farbengeschmack eine Vorstellung zu geben: Im Zimmer des Grafen sind die Möbel schwarz gebeizt, ausgenommen ein weißes "schreibkastl" und die Vorhänge grün. Das Wohnzimmer der Gräfin ist mit grün-roten und weißen Wolltapeten ausstaffiert. In einem anderen Raum gibt es ein schwarz gebeiztes Bett mit blauen Bettvorhängen. Im Kinderzimmer stehen zwei Tischerln, ein großes und ein kleines Bett, sechs mit Samt überzogene Sessel und ein rot gestrichener Kasten. In der Geschirrkammer nimmt ein "Majolica Geschirr", das der Graf aus Holland mitgebracht hatte, den ersten Platz ein.

1725 kommt es zu weitreichenden Um- und Ausgestaltungen des Schlosses. Es wird auf 3 Geschosse aufgestockt. Nun trifft man auf große Namen: Der Baumeister Christian Alexander Oedtl, ein gebürtiger Tiroler, besaß einen der größten Baubetriebe in Wien. Er arbeitete mit allen großen Architekten (z.B. Johann Bernhard Fischer v. Erlach, Lukas Hildebrandt) zusammen. Wilhelm Georg Rizzi, dzt. Präsident des Bundesdenkmalamtes, hat in einem in der Zeitschrift "Das Fenster", Nr. 28, 1981, erschienenen Artikel festgestellt, dass Oedtl mit "verschiedenen Arbeiten" für Schloss Trautmannsdorf, u.a. mit der Einrichtung der Schlosskapelle betraut war. Georg Anton Werle war nicht nur Schwager von Daniel Gran, sondern auch "kaiserlicher Maler", der z.B. für Harrach arbeitete und 1727 als Freskant in Trautmannsdorf.

1731 ist das Schloss wieder gewachsen: um eine "neue Galerie", die freskiert ist, einen kleineren Zubau ("neues Traktl" heisst es im Inventar von 1731), ein neues und zwei renovierte Zimmer, eine neue Schneckenstiege. 1747 gibt es als Neuheit ein "Laboratorium", ein Tribut an das zunehmende Interesse an den Naturwissenschaften, am Hof besonders durch Kaiser Franz Stephan vertreten. In diesen Konnex gehört auch die Orangerie mit "wällischen" (südländischen) und "indianischen" (exotischen) Pflanzen. Für seine anerkannt bedeutende Bibliothek hatte Graf Viktorin Windischgrätz einen repräsentativen Raum einrichten lassen, in dem - entsprechend dem Zeitgeschmack - astronomische und optische Geräte (wie eine Camera obscura) sowie Materialien für physikalische Beobachtungen Platz fanden. Der Mode entsprechend gab es nun auch ein Billardzimmer.
Ebenfalls der Mode entsprach der Hang zur Exotik, was sich u.a. an vielen "indianischen" Möbeln ablesen lässt. Auffallend ist, dass man sich von altem, auch abgenutztem Mobiliar nicht trennte, sondern es im Souterrain aufbewahrte. Dass sich im "Herrschaftlichen Vorzimmer" eine alte gestreifte Matratze oder eine "unbrauchbare" blaue Leinendecke befanden, verwundert aber doch.

Werfen wir einen Blick in eines der beiden "Herrschaftszimmer", um einen Eindruck von der Wohnkultur und dem Geschmack des gehobenen Haushalts zu bekommen: Die Wände sind mit holländischen Tapeten bedeckt, die von metallisierten Leisten eingerahmt sind, die Fensterläden weiß gestrichen, die Vorhänge grün. Es gibt ein Kanapee, weiß-geblümt überzogen, etliche grün tapezierte Sessel (darunter ein Schlafsessel samt Polster), einen runden Weichholztisch mit gelber lederbezogener Platte, einen Hartholztisch, zwei Tische mit Einlegearbeiten, einen kleinen runden Tisch, bedeckt mit einem Seidenteppich, einen grünen Schreibkasten, einen Nährahmen aus Hartholz, zwei Eisenöfen mit Schafel, Feuerzange und Blasbalg, Ziergefäße und Figürchen auf dem Kamin, einen Kaminschirm mit goldenen Borten, zwei Geridon [?] und 32 (!) Bilder. Das anschließende Zimmer ist grün tapeziert. Dazu kontrastieren u. a. ein roter Lack-Teetisch mit rotem Tischtuch und zwei roten Geridons [?] Ein großer englischer Teekessel aus Messing definiert die Bestimmung des Zimmers. Hier hängen ein großes Familienbild und vier Portraits in schwarzen Rahmen mit vergoldeten Leisten. Das herrschaftliche Schlafzimmer ist mit Tapeten aus rotem Brokat ausgestattet. Im großen Himmelbett aus rotem Damast mit gelben Seidenborten und ebensolche Vorhänge befinden sich vier Rosshaarmatratzen mit blau-geblümtem Überzug und darüber vier Wollmatratzen, zwei kleine Rosshaarpölster, zwei lederne Federpölster und zwei grüne Damast-Bettdecken. Acht große Lehnsessel sind mit rotem Brokat überzogen, ein ebenfalls rotes Sofa mit fünf roten Anlehnpölstern bekommt noch blaue Tuchpölster. Ein Kästchen mit 7 Laden und Einlegearbeit sowie ein Frauenbild "auf indianische Art" werden ausdrücklich als Eigentum der Gräfin genannt. Zwei Bilder in vergoldeten Rahmen hängen über den Türen. Außer verschiedenen Tischen (darunter einer mit gemalter Tischplatte) darf ein zinnernes Nachtgeschirr nicht fehlen.

In der Schlosskapelle befanden sich folgende Gegenstände: ein von einem nicht namentlich genannten Bildhauer (vielleicht war es der bedeutende Pressburger Johann Georg Hillebrand, der für Graf Viktorin Windischgrätz verschiedenen Aufträge durchführte) geschaffener vergoldeter Tabernakel, zwei vergoldete mit Steinen verzierte Monstranzen, zwei zinnerne kleine Leuchter, zwei Wandleuchter aus Messing und eine versilberte Messinglampe, schließlich Opferkännchen und Tassen sowie ein Weihbrunkessel aus Zinn. Zur Einrichtung gehört die mit rotem Tuch ausgeschlagene, ausdrücklich als alt bezeichnete Kanzel. An sakraler Kunst werden eine Johann Nepomuk-Statue und "Frauen Bild (=Marienbild) mit dem Jesuskind genannt. Zu letzterem befanden sich in der Sakristei: "Ein Cron auf das Frauen Bild, von Silber gut vergoldt mit guten Berlen, Rubinen und Steinen gefast. Ein kleiner Scepter von Silber. In Scepter und der kleinen Cron befünden sich kleine Berl 115 grosse Berl [116], in allen aber 231." Es gab aber auch eine große Krone mit 25 roten und grünen Steinen.

Überhaupt war die Sakristei reich bestückt, mit den "besseren" liturgischen Gebrauchsgeräten, die meist vergoldet waren, den Paramenten, einem Antependium aus blauem und weißem Damast mit goldenen Blumen und einem besonders wertvollen aus Brüsseler geprägter Ledertapete, drei steinernen Tragaltärchen, zwei großen und drei kleinen Kanontafeln mit vergoldeten Rahmen und vor allem mit den größten Schätzen einer Kirche damals, den Reliquien: ein Kreuzpartikel (in vergoldetem Messing gefasst mit grünen Steinen, wohl Smaragden) in einem Futteral, die ebenso gefasste Zunge des Hl. Johannes Nepomuk (wahrscheinlich ebenfalls ein Partikel) und zwei vergoldete Holzpyramiden mit Reliquien.
Manches davon kennen wir aus unserer Kirche.

IV. Abschnitt: Das Schloss im Besitz der Familie Batthyány (1756-1988)
1756 starb Grafen Leopold Viktorin Windischgrätz. Seine beiden Söhne lebten nicht mehr und daher hatte er seinen erst 2jährigen Enkel als Erben eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Trautmannsdorf schwer verschuldet. Maria Theresia hat ihren Einfluss geltend gemacht, dass die Herrschaft an Karl Graf Batthyány-Strattmann verkauft wurde. Der Graf gehörte zum innersten Vertrautenkreis der Herrscherin. Ihm hatte sie die Erziehung ihres Erstgeborenen, Josephs (II.) anvertraut. 1763 wurde er in den Fürstenstand erhoben.

Aus Anlass des Eigentümerwechsels wurde eine sehr genaue Beschreibung des Schlosses verfasst. Das dazu gehörige Inventar konnte bislang nicht gefunden werden. Das Schloss ist würdig, eine kleine Festung genannt zu werden, heißt es da. Ausdrücklich wird der gute Zustand der Verteidigungsanlagen hervorgehoben und die Besonderheit des zweifachen Wassergrabens, deren einer - wie üblich - direkt um das Gebäude läuft, der zweite außerhalb der Bastionen. Zum ersten Mal wird über die Gestaltung des Terrains zwischen den beiden Wassergräben gesprochen. Der breite, hoch aufgemauerte Wall mit den vorkragenden Bastionen war befahrbar und mit Obstbäumen bepflanzt. In ihrem Schatten ließ es sich angenehm promenieren. Ferner befanden sich dort ein "Parterre-Gärtl" sowie das "Stuckhaus" (=Arsenal) mit 19 Geschützen (Stuck = Geschütz), ein Zwinger, die Gärtnerwohnung, die Orangerie und das Glashaus.

Zum ersten Mal wird die Sala terrena im Erdgeschoss erwähnt: Sie ist "sehr wohl und in Fresco ausgemahlen, worinnen eine springende Wasser-Kunst angerichtet, und die Herrschaft Sommers-Zeit zu speißen pflegte." Neben der Sala terrena befand sich ein kleiner Keller, in dem Obst und Gemüse ("grüne Kuchel-Sachen") aufbewahrt wurden. Genannt wird ferner ein "schön gewölbter Keller" für 3000 Eimer Wein" (= rund 1754 hl). Von der Schlosskapelle (Hl. Bartholomäus) erfahren wir, das sie offenbar kurz zuvor gründlich renoviert bzw. modernisiert worden war. Außer dem Hochaltar befanden sich darin zwei Seitenaltäre aus Marmor. An die Kapelle schloss sich der eigentlichen "Lustgarten" - mit Spalieren, einer sogenannten Wasserkunst (bestehend aus einer 3stufigen Fontäne), einem Vogelhaus und einem freskierten "Gängl". Dorthin gelangte man über eine Stiege direkt von den herrschaftlichen Zimmern im 1. Stock.

Man darf nicht vergessen, dass ein barockes Schloss nicht nur der Repräsentation diente (wozu auch Räume wie Bibliothek und Kunstgalerie gezählt werden), sondern für den Alltag des Lebens funktionstüchtig gerüstet sein musste. Also gab es Gästezimmer, Wohnmöglichkeit für verschiedenes Personal, vom Verwalter und dem Schlosskaplan über Militärs bis zu verschiedenen Handwerkern (samt deren Werkstätten) und Bediensteten, mehrere Küchen, Waschküchen, Brandweingewölbe, Stallungen für 30 Pferde, Lagerräume.

Fast zeitgleich mit der Beschreibung von 1756 gab Johann Jakob Marinoni im Jahr 1751 sein "Lehrbuch für Vermessungskunde" heraus, das einen Lageplan des Schlosses Trautmannsdorf enthält. Der Grundriss zeigt eine unregelmäßig geschlossene Vierflügel-Anlage. N- und O-Trakt sind nicht verbunden. Am S-Flügel sind gegen die Bastionen zwei Risalite ausgebildet, am O- und W-Trakt je einer. Im Hof befindet sich im SO der frei stehende mächtige Turm. Über den äußeren Wassergraben führt eine Brücke zum Maierhof.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts kam Reisen in Mode. Was früher die adelige Kavalierstour war, wurde nun zur Bildungsreise des Bürgertums. Damit entstand eine neue Literaturgattung: Reisebeschreibungen, die zugleich Reiseempfehlungen waren, als eine Art Tourismus-Literatur. Der Berliner Johann Bernoulli hat im 10. Band seiner "Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntnis dienender Nachrichten" 1783 das Schloss Trautmannsdorf ausführlich beschrieben: die Nutzung der Räume und ihre Ausstattung mit Möbeln, Bildern und Kunstgegenständen sowie den Park mit seinen Pflanzen und Skulpturen. Liest man diese Beschreibung, dann kommt man zu dem Schluss, dass das Schloss den Vergleich mit keinem Wiener Palais und auch mit den berühmten Schlössern des Prinzen Eugen nicht zu scheuen brauchte.
Bernoulli geht auch auf den Ort ein und schreibt: "Der Marktflecken ist ansehnlich und alle Häuser sind nach holländischer Manier auf Ziegelart roth angestrichen, welches sehr schön aussiehet. ... aussenher sind die Wege mit vielen Kastanien- und Lindenbäumen besetzt."

Im Jahr 1806 starb Fürst Ludwig Batthyány, der nur knappe 10 Jahre an der Spitze des Fideikommisses gestanden war. Das Erbe trat sein ältester Sohn Philipp an. Er war damals 25 Jahre alt und gehörte einer Generation an, die den Prunk und die Schnörkel des späten Barock ablehnte und den guten Geschmack in der strengen Schlichtheit des Klassizismus verwirklicht sah. Nach diesem Ideal sollte sein Schloss umgestaltet werden.

1810 wurden die Wassergräben zugeschüttet. 1811 begann die totale Veränderung des barocken Gebäudes. Im Familienarchiv in Budapest befinden sich ein Kostenvoranschlag des niederösterreichischen Baumeisters Ernest Koch aus dem Jahr 1811, der sich auf die geplante Bautätigkeit bezieht, und ein weiterer undatierter Kostenvoranschlag, betreffend die Orangerie und das Treibhaus. Leider konnte bislang kein Bauplan gefunden werden, lediglich ein späterer Lageplan, der die 3flügelige Anlage und den neu angelegten Garten zeigt. Der Schlosspark samt dem alten Friedhof, der sich im östlichen Bereich des Parks befunden hatte, war in einen englischen Garten umgestaltet und öffentlich zugänglich.

Der Architekt Ernest Koch war kein Unbekannter. 1755 in Mainz geboren, kam er in den 80er Jahren nach Wien, wo er verschiedene Umbauten im Sinne des Klassizismus durchführte, z. B. die Michaelerkirche und im kaiserlichen Auftrag die Fassade des heutigen Theresianums im 4. Bezirk. Koch war der "Hausarchitekt" der Familie Kinsky. In ihrem Auftrag baute er 1798 das barocke Palais Daun (nunmehr Kinsky) um, das immerhin ein Werk des berühmten Lukas von Hildebrandt war. Zwei Fakten werden deutlich: Nicht nur Philipp Batthyány wollte ein modernes Schloss, und man scheute sich auch nicht, an das Werk eines solchen Giganten der Baukunst wie Hildebrandt Hand anzulegen.

Wann Schloss Trautmannsdorf fertig war, ist nicht eindeutig feststellbar. Die Angaben schwanken zwischen 1817 und 1839. Die Kosten waren extrem hoch - kolportiert wurden eine Million Gulden.
1870 starb der Fürst Philipp kinderlos. Um das Erbe entspann sich ein jahrzehntelanger Prozess. Die Nichten des Verstorbenen räumten das Schloss aus und verbrachten alles, sogar die Glocken der Kapelle, nach Margarethen am Moos. Als die Rechte des in London lebenden Fürsten Edmund Batthyány 1889 (!) anerkannt wurden, kam es zwar zur Rückstellung der Schlosseinrichtung, bis sie in Trautmannsdorf einlangte, fehlte vieles und der Rest hatte schwer gelitten.

Die Verwendung als "Landes-Winterschule für Landwirtschaft" (1899-1915) und die Vergabe von Wohnraum an 24 Familien (samt Kleintierhaltung) nach dem Ersten Weltkrieg waren für die Erhaltung der Räume nicht eben vorteilhaft. Ein Hochwasser im Februar 1921 und das Erdbeben im Oktober 1927 richteten schwere Schäden an. 1939 wurde das Schloss unter Denkmalschutz gestellt. Um 1966 erwarb das Denkmalamt die Tapete und den Ofen des "Chinesischen Zimmers" für Schloss Laxenburg. 1988 kaufte der Salzburger Unternehmer Thomas Wassibauer zwei Drittel des Schlosses und begann mit der Restaurierung. Noch in dieser Zeit wurden fast alle originalen Türbeschläge gestohlen und 1998 als besonderer Vandalenakt die Lünettenbilder über den Türen im Festsaal und einem weiteren Raum herausgeschnitten sowie in der Kapelle Wandkapitelle herausgebrochen.

Wenn wir nun fragen, was wir mit dieser vergangenen Pracht zu tun haben, so geben uns die Autoren der Studie (S. 2 des Typospripts) eine doch berherzigenswerte Antwort: "Die Bedeutung des aus einer Festung der Stuchsen von Trautmannsdorf hervorgegangenen Landschlosses der Reichsgrafen von Windischgrätz bzw. der Grafen und Fürsten von Batthyány-Strattmann definiert sich somit aus der Einheit seines historischen, künstlerischen und kulturgeschichtlichen Wertes. Seine bauhistorische Entwicklung, seine ehemalige Ausstattung und seine Einbettung in historische Ereignisse weisen ihm einen Platz als herausragendes Denkmal in dieser Region zu.